Schulterschmerzen richtig diagnostizieren und behandeln

Die Schulter im Fokus – Screening, Training, Lösung

Schulterschmerzen und andere Probleme in der Nacken- und Schulterregion liegen verschiedenen statistischen Umfragen zufolge auf Platz zwei oder drei der häufigsten Beschwerdebilder. In der Alterskategorie 45–65 Jahre sind in Deutschland etwa 10 Prozent der Menschen betroffen. Die Ursachen von Schulterbeschwerden sind vielfältig und es lohnt sich, in der Behandlung interdisziplinär zu denken.

Schulterschmerzen Grafik Schultermuskeln

Schulterschmerzen: Drei Knochen – Schulterblatt, Oberarm und Schlüsselbein – werden von insgesamt 15 Muskeln unmittelbar beeinflusst.

Das Schultergelenk ist das beweglichste und komplizierteste Gelenk des menschlichen Körpers. Drei Knochen – Schulterblatt, Oberarm und Schlüsselbein – werden von insgesamt 15 Muskeln unmittelbar beeinflusst. Die große Bewegungsfreiheit unserer Schulter macht sie verglichen mit anderen Gelenken instabiler bzw. – besser ausgedrückt – abhängiger von einer gut balancierten Muskulatur. Kraft ist wichtig, aber allein nicht ausreichend. Man kann sich z. B. einen Seehund vorstellen, der einen Ball auf seiner Nase balanciert, um sich dieses diffizile muskuläre Zusammenspiel zu verdeutlichen.

Für die meisten Strukturen unseres Körpers gilt die Regel „use it or lose it“. Wird ein Unterschenkel mit einem Gips ruhiggestellt, so beginnt seine Muskulatur zu atrophieren; sie baut an Substanz und Kraft ab. Exakt das Gleiche geschieht mit den 15 Muskeln unserer Schulter, wenn wir sie nicht regelmäßig nutzen. Betrachtet man den Alltag der
meisten Menschen, so wird die hohe Inzidenz von Schulterbeschwerden nachvollziehbar. Über Kraft und Ausdauer hinaus müssen zusätzlich das Zusammenspiel und die Koordination der Muskeln trainiert werden. Eine Fußballmannschaft benötigt schließlich auch ein Training des gesamten Teams und nicht nur der Einzelsportler.

Überregionale Einflüsse auf die Schulter

Über die gerade ausgeführten lokalen anatomischen Anforderungen hinaus spielen auch regionale und überregionale Einflüsse eine Rolle für Schulterbeschwerden. Regional spielen die Hals- und die Brustwirbelsäule eine wichtige Rolle, da an ihnen die meisten der erwähnten 15 Muskeln ihren Ursprung haben. Außerdem treten hier auch alle Nerven für die sensible und motorische Versorgung unserer Schulter und unseres Arms aus. Ein besonderer Nerv, der im Bereich der Halswirbelsäule austritt, ist der Nervus phrenicus – unser „Zwerchfellnerv“, der uns zum vielleicht wichtigsten überregionalen Einflussfaktor, nämlich zu unserer Atmung, führt.

Eine vermehrte thorakale Atmung führt verglichen mit einer Zwerchfellatmung zu einer vermehrten Anspannung der Schulter- und Nackenmuskulatur. Wenn Sie sich nach einem 100-Meter-Sprint einmal mit den Händen auf Ihren Knien abgestützt haben, um durch den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur besser Luft zu bekommen, wissen Sie, was ich meine. Aus diesem Grund schaue ich in meiner Praxis bei Schulterbeschwerden auf das Atemmuster der Patienten und leite sie bei Bedarf zu einer bewussten Zwerchfellatmung an. Verbunden mit einer Messung des sympathischen und parasympathischen Einflusses adressiere ich auch das Thema „Stress“. Schon umgangssprachlich spielen Anspannung und Stress eine wichtige Rolle: „Es lastet etwas auf den Schultern“, „Man halst sich etwas auf“ oder „Man muss sich durchbeißen“. Die letzte Metapher leitet auch direkt zu einem weiteren überregionalen Faktor über, zu unseren Zähnen. Fehlstellungen im Bereich der Zähne, eine erhöhte Spannung der Kiefermuskulatur und nächtliches Knirschen wirken sich negativ auf unsere Schultern aus.

Schulterschmerzen können ihre Ursache auch in den inneren Organen haben. Leber und Galle können zu Schulterschmerzen auf der rechten Seite und Herzbeschwerden bekanntermaßen zu Schulterschmerzen links führen. Der Grund ist eine Schmerzübertragung von inneren Organen auf definierte Hautareale, die „Head Zonen“ oder Dermatome genannt werden. Die Ursache liegt in einer gemeinsamen Verschaltung auf Rückenmarksebene. Werden die Schmerzen in die Muskulatur weitergeleitet, spricht man von „MacKenzie Zonen“ oder Myotomen.

Zuletzt seien noch die Augen und ihr Einfluss auf die Muskelspannung erwähnt. Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Setzen Sie sich aufrecht hin, schauen Sie geradeaus und legen Sie Ihre Fingerspitzen auf die Nackenmuskulatur unmittelbar neben der hinteren Schädelgrube. Jetzt schauen Sie so weit es geht nach links und rechts und spüren die sich verändernde Spannung der Nackenmuskeln unter den Fingerspitzen. Die Neuroathletik widmet sich unter anderem dieser Verbindung. Durch ein gezieltes Screening lassen sich Defizite erkennen und anschließend korrigieren.

 

Den ganzen Artikel von Dr. Markus Klingenberg erschienen im bodyLife Medical Magazin lesen Sie hier: Die Schulter im Fokus

Dr. med. Markus Klingenberg

Facharzt für Orthopädie & Unfallchirurgie, Sportmedizin, Manuelle Medizin, Notfallmedizin

Joseph-Schumpeter-Allee 15
53227 Bonn

E-Mail: markus.klingenberg@betaklinik.de
Durchwahl: +49 (0)228 90 90 75 333
Zentrale: +49 (0)228 90 90 75 0
Fax: +49 (0)228 90 90 75 611

Orthopädie am Bonner Bogen

Sie brauchen einen Orthopäden?

Vereinbaren Sie einen Termin bei unseren Spezialisten.

Terminanfrage