Wissenswertes zum Thema Epilepsie
Die Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen mit vielen differenzierten Ursachen. Dabei ist das Erscheinungsbild von epileptischen Anfällen äußerst vielfältig und auch die Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen sind ganz unterschiedlich. Allein in Deutschland leben mehr als 600.000 Menschen mit Epilepsie – und jedes Jahr erkranken zirka 40.000 Menschen aller Altersgruppen neu daran. Etwa 200.000 unter ihnen gelten als schwer behandelbar. Grundlegend sind Epilepsien eine Gruppe ganz unterschiedlicher Erkrankungen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass wiederholt epileptische Anfälle auftreten. Dazu kommt, dass der Patient durch die Ursache der Epilepsie in vielfältigster Weise beeinträchtigt sein kann. So kann ein Patient mit Epilepsie höchstbegabt sein, wie etwa der Physiker Isaak Newton. Auf der anderen Seite können Patienten schwerwiegend körperlich und geistig entwicklungsverzögert sein und – durch die Schädigung des Gehirns – an vielen Anfällen leiden.
Definition Epilepsie?
Was ist Epilepsie?
Das Krankheitsbild der Epilepsie (zerebrales Krampfleiden) ist gekennzeichnet durch wiederkehrende, plötzliche und gleichzeitige Erregung großer Neuronen-Gruppen im Gehirn. Das menschliche Gehirn besteht aus hunderte von Milliarden miteinander verbundener Nervenzellen, die untereinander nach einem fein ausbalancierten System funktionieren. Wenn Nervenzellverbände abnorm gleichzeitig aktiv sind, ist dieses System empfindlich gestört. Zum epileptischen Anfall kommt es, wenn eine kritische Menge der Nervenzellen abnorm aktiv ist. Dabei reichen epileptische Anfälle von äußerlich nicht oder nur kaum wahrnehmbaren subjektiven Sinnesempfindungen oder geringfügigen Muskelzuckungen über kurze Bewusstseinspausen bis hin zu Stürzen mit Bewusstseinsverlust und Zuckungen am ganzen Körper oder auffälligen automatischen Handlungen. In der Regel dauern epileptische Anfälle einige Sekunden bis wenige Minuten. Sie hören in aller Regel ohne Behandlung spontan wieder auf. Nur selten hält ein epileptischer Anfall länger als 2-3 Minuten an. Nach 10 Minuten Dauer spricht man von einem epileptischen Status, der in der Regel eine Notfallsituation darstellt.
Von einer Epilepsie spricht man erst, wenn mindestens zwei epileptische Anfälle außerhalb von 24 Stunden aufgetreten sind und diese nicht durch eine unmittelbar vorangehende erkennbare Ursache ausgelöst wurden. Auch ein Anfall kann bereits für die Diagnose ausreichen, wenn eine Ursache bekannt ist, die weitere Anfälle in den nächsten 6 Monaten erwarten lässt.
Abzugrenzen von einer Epilepsie sind Situationen, bei denen der Patient einen provozierten Anfall erleidet. Diese Provokationen können ein massiver Schlafentzug mit oder ohne Alkohol sein oder bei kleinen Kindern ein Anfall bei Fieber (Fieberkrämpfe). Viele Störungen und Reizungen des Gehirns können beim Menschen zu epileptischen Anfällen führen.
Nicht alles, was zuckt, sind Zeichen epileptischer Anfälle. Es gibt eine Reihe anfallsartiger Zustände, die kein epileptischer Anfall sind und die nicht als solche diagnostiziert werden müssen. Fehlentscheidungen in beide Richtungen sind nicht selten und haben für den Patienten erhebliche negative Konsequenzen.
Erkrankung an Epilepsie
Wer bekommt Epilepsie?
Auf die Fragen, wer von Epilepsie betroffen ist und in welchem Alter Epilepsien auftreten, gibt es keine pauschale Antwort. Prinzipiell können Epilepsien in jedem Lebensalter auftreten. Häufiger sind jedoch Menschen in den ersten beiden Lebensjahrzehnten und im höheren Lebensalter (nach dem 65. Lebensjahr) betroffen. Ca. 10% der Bevölkerung hat mindestens einmal im Leben einen epileptischen Anfall. Nur bei etwa 5 % der Betroffenen kommt es zu wiederholten Anfällen und damit zu einer Epilepsie.
Warum bekommt man Epilepsie?
Gründe für Epilepsie
Nach heutiger Kenntnis wirken bei allen Epilepsien exogene Momente (z. B. Verletzungen) und endogene Faktoren (erbliche Veranlagung) zusammen. Für nahe Verwandte von Epileptikern ist das Erkrankungsrisiko daher leicht erhöht. Grundlegend wird meist zwischen der idiopathischen Epilepsie, die sich überwiegend bis zum 20. Lebensjahr manifestiert, und der symptomatischen Epilepsie, bei der eine ursächliche Hirnschädigung (z. B. frühkindliche Hirnschädigung, Hirntumor, -verletzung, Gefäßanomalie) feststellbar ist, unterschieden.
Aus pragmatschen Gründen werden Epilepsien mit herdförmigen und generalisiertem (das ganze Gehirn betreffend) Beginn mit bekannter Ursache oder unbekannter Ursache unterschieden. Diese Unterscheidung hat Einfluss auf die medikamentöse und chirurgische Therapieentscheidung.
Welche Arten von epileptischen Anfällen gibt es?
Arten epileptischer Anfälle
Epileptische Anfälle können sehr unterschiedlich verlaufen. Wie ein epileptischer Anfall abläuft hängt davon ab, aus welcher Hirnregion er kommt und ob er sich über das ganze Gehirn ausbreitet oder auf einen kleinen Teil des Gehirns beschränkt bleibt. Bei generalisierten Anfallsformen ist das gesamte Gehirn von der abnormen elektrischen Aktivität betroffen. Bei den primär generalisierten Anfallsformen ist das gesamte Gehirn von Beginn an beteiligt. Typische Anfälle dieser Unterkategorie sind tonisch-klonische Anfälle (Grand-Mal-Anfall) oder Petit-Mal-Anfälle in unterschiedlich verlaufenden Formen:
- Absencen: sind ganz kurze Bewusstseinsstörungen ohne Ohnmacht. Sie können mit meist diskreten motorischen Phänomenen einhergehen, etwa Mundbewegungen oder Nesteln. Oftmals sind Kinder im Grundschulalter betroffen. Treten die Anfälle mehrfach in der Stunde auf, werden sie oft als Konzentrationsstörung verkannt.
- Myoklonische Anfälle: sind durch kurze Muskelzuckungen gekennzeichnet
- Tonische Anfälle: äußern sich anhand von Muskelverkrampfungen, teils über Minuten
Bei atonischen Anfällen (astatischen) Anfällen kommt es durch Tonusverlust der Muskulatur zum Sturz.
Fokale (partielle) Anfälle gehen von einer lokalen Veränderung des Gehirns aus. Ohne begleitende Bewusstseinsstörung spricht man von einfach fokalen Anfällen, mit begleitender Bewusstseinsstörung von komplex fokalen Anfällen.
- Einfach fokale Anfälle: mit (klonischen) Zuckungen, Parästhesien (Pelzig-sein) oder anderen Missempfindungen in dem vom betroffenen Hirnbezirk versorgten Körperregion wie etwa der Hand. Auch visuelle oder akustische Symptome können auftreten.
- Herdförmige Anfälle mit Bewusstseinseinschränkungen (komplex fokale Anfälle) haben variable Abläufe. Eine aufsteigende Übelkeit kann von einem unbewussten Kauen und Schmatzen gefolgt sein. Im Anschluss folgt meist die Reorientierungsphase. Dabei kann bei einem linksseitigen Anfall die Sprache für Minuten bis Stunden (ältere Menschen) gestört sein.
Sekundär generalisierte Anfälle beginnen wie ein fokaler Anfall und breiten sich dann aber auf das gesamte Gehirn aus.